„Gehen Sie zur Wahl, damit in Brüssel nicht das Chaos siegt!“

24.04.2019

Daniel Günther und Niclas Herbst eröffneten in Wentorf den Europa-Wahlkampf

Wenn es nach dem Publikum in Wentorf ginge, dürfte es einen um die Zukunft eines demokratischen Miteinander in Europa nicht bange sein. Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther und Niclas Herbst, Spitzenkandidat der CDU in Schleswig-Holstein für die Wahlen zum Europäischen Parlament am 26. Mai, begrüßten zu ihrem ersten von sieben gemeinsamen Auftritten im Lande mehr als 120 aufgeschlossene und diskussionsfreudige Gäste zum Europa-Talk in der Aula der Grundschule Wentorf am Wohltorfer Weg.

Das einleitende Interview der beiden durch Moderatorin Cornelia Pielow nutzten Günther und Herbst für Positionsbestimmungen der CDU bei der anstehenden Wahl, die angesichts vielfältiger Bedrohungen für Europa als schicksalhaft empfunden wird. „Wir müssen uns darauf besinnen, dass der Frieden und viele unserer Freiheiten in Europa nicht selbstverständlich sind“, sagte Daniel Günther und verlangte, dass alle mehr das große Ganze des Projektes Europa im Blick haben sollten, statt sich im Kleinklein zu verzetteln.

Niclas Herbst fragte, was Putin, China, Trump, Rechts- und Linkspopulisten sowie Nationalisten und Globalisierungsgegner gemeinsam hätten. Seine Antwort: „Sie alle wünschen sich eine schwache EU.“ Er fügte hinzu, dass die EU-Skeptiker von rechts und links, sollten sie bei der anstehenden Wahl zu stark werden, in Brüssel durch viel Chaos wichtige Entscheidungsprozesse  so verzögern könnten, dass sich das auch in den Regionen nachteilig bemerkbar machen werde, zum Beispiel durch die Behinderung von Förderprogrammen. Der CDU-Spitzenkandidat sagte, man müsste die Ängste und Sorgen vieler Menschen ernst nehmen, aber ihnen auch klarmachen, dass Europa es nur gemeinsam schaffen könne, große wirtschaftliche Herausforderungen wie die Digitalisierung zu bewältigen und weltpolitisch auf Augenhöhe mit den Großmächten zu verhandeln. „Europa spielt in der Welt nur eine Rolle, wenn wir es so stark wie möglich machen.“

Nach den konkreten Zielen der CDU bei dieser Europawahl befragt, zählte Niclas Herbst Grundsätzliches auf. Europa müsse ein sicherer Raum sein. Dafür sei eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nötig, inklusive wirksamer Grenzsicherung. Essentiell sei zudem eine vernünftige Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsförderung in den Regionen, die den Wohlstand aller befördere. Eine starke Wirtschaft sei wichtigste Voraussetzung für ein wünschenswertes „soziales Europa“, Sozialtransfers oder eine Supersozialbehörde in Brüssel dagegen seien dafür ungeeignete Instrumente.

In der Fragerunde ging es querbeet vom deutsch-französischen Verhältnis über die gemeinsame Führungsrolle (Herbst: „Die Lokomotiven müssen sich einig sein“), das Engagement junger Menschen für die Umwelt- und Klimapolitik (Günther: „Ich bin sehr stolz und froh darüber, dass junge Menschen sich einbringen, die Politik muss darauf reagieren und darf das nicht von oben herab abtun“), die Datenschutz-Grundverordnung (Herbst: „muss nachgebessert werden, damit die Großen mehr an die Kette und die Kleinen nicht belästigt werden“) und die notwendige Beschleunigung von Entscheidungsprozessen bei Infrastrukturprozessen, um im globalen Wettbewerb zu bestehen — dazu Daniel Günther: „Nur ein Beispiel: In Dänemark gibt es zur Planung des Fehmarnbelt-Tunnels 30 Einsprüche, in Deutschland 12.000.“

Nach anderthalbstündigem Talk und viel Zwischenapplaus appellierten die beiden Politiker ans Publikum weiterzusagen, wie wichtig diese Wahl sei. Daniel Günther: „Das Europa, das wir kennen und von dem wir alle profitieren, muss nicht nur bewahrt, sondern auch weiterentwickelt werden. Werben Sie dafür.“ Niclas Herbst ergänzte: „Europa ist keine Subventionsumverteilungsgemein

schaft, sondern das größte Friedensprojekt der Welt. Wie zerbrechlich das ist, sehen wir jetzt vor dem Hintergrund des Brexit in Nordirland, wo alte Konflikte wieder aufbrechen könnten.“ Seine Warnung: „Der Wahlkampf in den sozialen Netzwerken wird richtig schmutzig. Wir zählen dagegen auf persönliche Kontakte. Wir alle müssen anderen Menschen deutlich machen, was Europa in ihrem Leben bedeutet und warum sie zur Wahl gehen sollten.“